Das erste Leben der Angela M. (German Edition) by Ralf Georg Reuth & Günther Lachmann

Das erste Leben der Angela M. (German Edition) by Ralf Georg Reuth & Günther Lachmann

Autor:Ralf Georg Reuth & Günther Lachmann [Reuth, Ralf Georg]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2013-05-13T22:00:00+00:00


Frühe Kontakte zu Angela Merkel. Der Perestroikist, Rechtsanwalt, Synodale und MfS-Spitzel Wolfgang Schnur [Abb. 9]

Zum Demokratischen Aufbruch, oder besser gesagt zu Wolfgang Schnur, hatte Angela Merkel schon Anfang Oktober Kontakt. Daran erinnert sich der Grafiker Stefan Dachsel, dessen Hauskreis sie zu Beginn der Achtzigerjahre einige Male mit einem Freund besucht hatte. Dachsel sagt, er sei damals über Pfarrer Neubert zur Reformgruppe gestoßen und habe fortan mitgemacht. »In diesem Zusammenhang bin ich dann in der ersten Oktoberhälfte zu Wolfgang Schnur gegangen, um politisches Material, Flugblätter oder so etwas, da abzuholen, wo ich Angela Merkel antraf, die dort irgendetwas arbeitete«, sagt er. Was sie arbeitete, weiß Dachsel heute nicht mehr, aber im Datum ist er sich ziemlich sicher, denn kurz zuvor sei er ihr im Pfarrhaus der Gethsemanekirche begegnet, wo sie geholfen habe, die Kollekte zu zählen. Und dies sei Anfang Oktober gewesen.[80] Länger kann Angela Merkel allerdings nicht bei Schnur beschäftigt gewesen sein, denn sonst wäre sie auch dem DA-Vorstandsmitglied Ehrhart Neubert aufgefallen. Denn der kam damals »mindestens zwei Mal in der Woche« in Schnurs Anwaltskanzlei in der Nähe des Rosenthaler Platzes, von wo aus dieser seinen Beitrag für die in den Anfängen steckende Organisation leistete.[81]

Inzwischen artikulierte sich der Protest gegen das Honecker-Regime nicht mehr nur in den Kirchen oder kirchlichen Einrichtungen, sondern auch auf der Straße. Ende September hatten sich in Leipzig mehr als 5000 Menschen zu einer Protestdemonstration formiert, in deren Verlauf unter anderem die Zulassung des Neuen Forums gefordert wurde. Anfang Oktober kam es in Dresden vor dem Hauptbahnhof, durch den die Züge mit Tausenden Prager Botschaftsflüchtlingen in die Freiheit fuhren, zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Volkspolizei, die viele Verletzte forderten. »Wir wollen raus!« oder »Gorbi, Gorbi« skandierten die Aufgebrachten, von denen im Rahmen eines vom Ersten Bezirkssekretär Modrow verantworteten brutalen Einsatzes der Sicherheitskräfte mehr als 200 Personen festgenommen wurden.

Kurz zuvor hatte sich derselbe Modrow, der auch im Westen als künftiger »starker Mann« der DDR gehandelt wurde, in der Bundesrepublik aufgehalten und Dinge gesagt, die angesichts des starren Kurses der SED-Führung aufhorchen ließen. In Stuttgart meinte Modrow, dass über die Massenflucht aus der DDR nachgedacht werden müsse. In diesem Punkt sei er sich »sehr einig mit meinem Freund Mischa Wolf«.[82] Zu den gesellschaftlichen Veränderungen in der DDR gefragt, antwortete Modrow bei einer anderen Gelegenheit, in Kürze werde die DDR den 40. Jahrestag begehen, und man werde zu beachten haben, »was sich in den nächsten Tagen in unserem Lande sehr deutlich artikulieren wird«.[83] Modrow hob damit auf den bevorstehenden Besuch Gorbatschows in Ost-Berlin ab, von dem sich die Reformer das Ende Honeckers versprachen – eines Honeckers, der den Blick für die Wirklichkeit längst verloren hatte und als Reaktion auf die Massenflucht über die Tschechoslowakei und Ungarn den pass- und visafreien Verkehr zum südlichen sozialistischen Nachbarn aussetzen ließ.

Während sich die DDR auf die Jubelfeiern vorbereitete und dem Besuch Gorbatschows entgegenfieberte, formierte sich die Opposition weiter. Vertreter der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt, des Demokratischen Aufbruchs, der Gruppe Demokratischer SozialistInnen, der Initiative Frieden und Menschenrechte, des Neuen Forums und anderer Organisationen kamen zu einer »Zukunftswerkstatt« zusammen.



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